Kenia Safari 2014

» Gepostet von am Sep 15, 2015 in Gästebuch, Terra Tours Blog | Kommentare deaktiviert für Kenia Safari 2014

Kenia Safari 2014

Vielen lieben Dank an Sigrid Kaselow für diesen Artikel im Reisemagazin der Rhein Main Presse.

Kenia Safari 2014

„Lasst bloß nichts herum liegen, Rucksäcke, Fotoapparate, oder Essen,  die Affen hier klauen alles“! warnt Jeremy, noch bevor wir mit dem Zeltaufbau beginnen. Über uns in den struppigen Schirmakazien sitzen rund 20 kleine, schwarzgesichtige Meerkatzen, etwas weiter hinten im Gestrüpp erkennen wir einige Paviane – ja, die mit dem nackten Hinterteil. Sie geben sich recht uninteressiert, beobachten aber jede unserer Bewegungen. Wir sind im kenianischen Busch,  im Tsavo- Nationalpark, auf dem Ndololo-Campsite, einem Hütten-und Zeltplatz, der an einem Wasserloch angelegt wurde. Jeden Morgen und Abend kommen Elefanten hierher, bis zu 20 Tiere, vom Baby bis zur Matriarchin.  Zwischen zwei Bäumen ein Schild: „Do not go beyond this point – bis hierher und nicht weiter“. Ein paar spärliche Büsche und Bäume, kein Zaun oder sonstige Absperrungen. 40 Meter von der Kochhütte und den Zelten entfernt marschieren die Rüsseltiere zur abendlichen Wasseraufnahme.

Diese Nähe zu den grauen Riesen, die hier im Tsavo-Park von rötlicher Farbe sind, weil sie sich mit dem roten Laterit-Sand einpudern, macht den Reiz einer Zeltsafari aus. Natürlich kommt man afrikanischen Wildtieren bei Fahrten mit Kleinbussen im Park auch sehr nahe, aber immer ist schützendes Blech  zwischen Tier und Mensch. Hier nicht.

Kurz nach 17 Uhr: das Knacken im Unterholz kündigt die Elefanten an.  Vorne weg drei größere Tiere, recht flott marschieren sie Richtung Tränke. Direkt dahinter ein Winzling, der bequem unter die Bäuche der erwachsenen Rüsseltiere passt. Dann in bunter Reihe Halbwüchsige mit noch kleinen Stoßzähnen und Ausgewachsene mit beachtlichem Elfenbein neben dem Rüssel. Den Abschluss bildet ein großes, etwas nervöses Tier. Die Ohren drohend aufgestellt verharrt die Elefantenkuh, äugt zu uns Menschen hinüber, schätz uns wohl als ungefährlich ein und spurtet hinter ihren Artgenossen her in Richtung Wasser.

Das Wasserloch ist kaum größer als ein durchschnittlicher deutscher Garten-Swimmingpool, dicht gedrängt stehen die großen Säuger in und um die schlammbraune Kuhle. Von den Hütten nahe dem Wasserloch klicken Fotoapparate. Touristen, die von dort aus die Tiere ablichten, haben immerhin eine hölzerne Balkonbrüstung zwischen sich und den Elefanten. Wir Zeltbewohner müssen uns mit niedrigen Büschen als Distanzhalter begnügen. Aber der örtliche Guide bleibt stets an unserer Seite, er kennt den zu wahrenden Minimalabstand zu den Dickhäutern und sorgt für dessen Einhaltung.

Mit dem Abziehen der Elefantenherde nach gut einer Stunde und dem Beginn der Dunkelheit sinkt unser Adrenalinspiegel, aber unser Tourführer Jeremy hat gleich die nächste Warnung parat: “Wenn ihr heute Nacht mal austreten müsst, lauft nicht zum Toilettenhaus rüber, bleibt beim Zelt, nicht mehr als drei Meter weggehen. Die Elefanten streunen manchmal auch nachts über den Platz“! Na prima. Wir verkneifen uns den nächtlichen Toilettenbesuch lieber ganz und lauschen, gefühlt die ganze Nacht lang, den vielen, unbekannten Geräuschen. Was kratzt da an der Zeltwand? Schreit da ein kleines Kind oder ein nachtaktiver Vogel?  Und dieses entfernte, donnernde Gebrüll? Das können nur Löwen sein!

Kurz nach sechs Uhr, als es gerade hell wird und wir unserer Blase Erleichterung gönnen wollen, sehen wir die Bescherung: Auf dem Weg zwischen den Zelten und dem Sanitärhäuschen liegen frische, noch dampfende Haufen von Elefanten-Dung. „Hab ich euch doch gesagt, die sind wohl erst vor einer Stunde hier durchgelaufen“, erklärt Jeremy. Auch das nächtliche Gebrüll kann der erfahrene Wildnismann erklären: „Das waren Löwen, hab sie auch gehört. Die saßen bestimmt zwei Kilometer entfernt von hier im trockenen Flussbett vom Voi-River.“ Und diese fast menschlichen Schreie? „Buschbabies, korrekt Galagos, kleine Halbaffen, die schreien wie Babys, so verteidigen sie ihr Territorium“.

Naivasha-See

Szenenwechsel: Wir campen am Naivasha-See, 1800 Meter hoch. Die Fahrt vom Tsavo ins kenianische Hochland hatte es in sich. Über die berühmt-berüchtigte Mombasa-Road, die Hauptverkehrsader von der Küste ins Inland, durch den spätnachmittäglichen Feierabend- Verkehr von Kenias Hauptstadt Nairobi, über Serpentinen hoch ins Rift und ein Stück wieder hinunter zum See. Die Landschaft mutet fast europäisch an, viel Grün, sogar Nadelbäume am Straßenrand. Es ist „unafrikanisch“ kühl und dazu feucht von oben. Aber der Zeltplatz ist toll: direkt am Seeufer gelegen, unter hohen Bäumen mit richtig grünem, weichen Rasen, einem Schilfgürtel und einem schmalen Sandstrand am Wasser.

Zwischen Ufer und unseren Zelten ist ein dünner Draht gespannt. 80 Zentimeter hoch bequem zum Drübersteigen. „Ein Elektrozaun, damit die Hippos nachts nicht gegen die Zelte laufen“, erläutert Jeremy. Dieser mickerige Drahtzaun soll Flusspferde, die laut Statistik die gefährlichsten Tiere Afrikas sind – die meisten Todesfälle bei Tierbegegnungen auf dem schwarzen Kontinent gehen auf das Konto dieser Dickhäuter –  abhalten? 20 Uhr, über dem See liegt die samtschwarze, tropische Nacht, als eigenartige, schlurfende Geräusche vom Strand zu hören sind. Mit Taschenlampen bewaffnet pirschen wir uns an, und siehe da: zwei gewaltige Nilpferde grasen den schmalen Grünstreifen zwischen Sand und Zaun genüsslich ab. Zum elektrischen Draht halten sie respektvoll Abstand, auf der anderen Seite stehen wir, etwa zwei Meter vom Zaun entfernt. „Näher nicht“ raunt Jeremy, „sonst hauen sie gleich wieder ab“. Die Taschenlampen stören die beiden Kolosse nicht, wohl aber der Kamerablitz. Beim Versuch, sie abzulichten, verschwinden sie blitzartig und unter lautem Platschen im Naivasha-See.

Ein „beißendes“ Erlebnis beschert uns zum Tagesabschluss noch die abendliche Dusche: „Safari-ants“, auch Treiberameisen oder auf Swahili Siafu genannt, haben den Nassbereich des Campingplatzes geentert. Im Schein der Taschenlampe erkennen wir die Ameisenkolonnen erst, als wir schon mitten drin stehen. Über unsere Schuhe und Socken krabbeln die Biester ruckzuck nach oben, leider auch innerhalb der Hosenbeine, und beißen sich fest. Dann hilft nur eins: raus aus den Klamotten und die Ameisen mit einem Ruck aus der Haut reißen, auch wenn´s sehr weh tut!

Andere Wildtiere hautnah sehen wir beim Besuch im nahen Hell´s Gate National Park. Das nur 68 Quadratkilometer große Schutzgebiet darf man als einzigen kenianischen Nationalpark zu Fuß oder mit dem Fahrrad besuchen. Mit dem Drahtesel an Gnu-Büffel-und Antilopenherden, Giraffen, Warzenschweinen, Geiern, Sekretärvögeln und Meerkatzen vorbeizuradeln hat Etwas. Raubtiere wie Löwen, Schakale, Hyänen und Geparden soll es dort geben, gesehen haben wir keine. Der Park wird auch wegen seiner spektakulären Landschaft gerne besucht: vulkanische Felsnadeln, Klippen, und heißen Quellen im namensgebenden „Höllentor“, einer mehrere Kilometer langen, von bizarren Felsformationen gesäumten Schlucht sollte man sich nicht entgehen lassen. Die Schlucht selbst ist stellenweise so tief, dass man den Himmel nicht sieht und sehr feucht: Die Quellen am Grund lassen Besucher mancherorts durch knöcheltiefen Matsch waten.

Massai-Mara

„Ihr werdet Staub schlucken“, prophezeit Jeremy auf der Fahrt zur Massai-Mara, der geographischen Fortsetzung der legendären Serengeti. Etwa 40 Kilometer hinter Narok, dem „Tor zur Mara“ geht die Teerstraße in eine Piste über. Jedes Auto zieht eine kilometerlange Staubfahne hinter sich her, bei Gegenverkehr hilft nur schnell alle Fenster schließen. Aber der feine, gelbgraue Staub findet seinen Weg durch jede Ritze.

Unsere Bleibe für die nächsten Tage heißt „Crocodile-Camp“ direkt am Talek-River neben dem gleichnamigen Eingang des Reservates. Nomen est Omen,  im schlammbraunen Wasser des Flusses sind die markant gezeichneten Rücken von Krokodilen gut auszumachen. Zum Glück liegt der Campingplatz  oberhalb der sehr steilen Uferböschung, die kommen Krokodile nicht hoch – behauptet jedenfalls Jeremy, und er weiß es hoffentlich.

Jedes Jahr, wenn die Trockenzeit beginnt, wandern Millionen von Gnus, Büffeln, Zebras und diversen Antilopenarten, von der Serengeti kommend,  durch die riesigen Graslandschaften der Massai Mara und überqueren den namensgebenden Mara River, ein Spektakel, dass schon in zahllosen Film- und Fernseh-Dokus zu bestaunen war. „Ihr könnt das vielleicht live sehen“, verspricht Jeremy. Wollen wir das überhaupt,  dieses mitunter grausame Naturschauspiel, wenn Krokodile sich Tiere aus der Herde schnappen, sie unter Wasser ziehen, auffressen? Oder Gnus, die beim Versuch, die steilen, rutschigen Uferböschungen zu erklimmen  sich gegenseitig tottrampeln?

Offenbar kommen viele Touristen genau deshalb hier her. An einer gut einsehbaren Crossing-Stelle des Mara-River stehen die Safari-Kleinbusse und Jeeps in Zweierreihen, Trauben von Touristen, ausgestattet mit imposanten Superteleobjetiven vor ihren Kameras, harren der Dinge, die da kommen sollen. Bloß: Die Gnus spielen heute nicht mit, dreimal nimmt die Herde Anlauf, doch kurz vor dem Wasser dreht das Leittier immer wieder ab, die Tiere ziehen zurück auf die Steppe. Halten sie die vielen Kadaver ihrer Artgenossen im Fluss ab?  Oder die Krokodile auf den Ufersandbänken?  Aber die scheinen satt zu sein, keine der Echsen knabbert an einem der zahllosen Tierkörper im Fluss. Faul liegen sie neben den ebenfalls dösenden Flusspferden.  „Die warten auf Frischfleisch und wissen, irgendwann gehen die Herden wieder durchs Wasser, dann schlagen sie zu“, erklärt Jeremy.  Derweil tun sich Geier und Marabus an den verendeten Gnus im Fluss gütlich.

Ein viel schöneres Fotomotiv gibt da die Gepardenmutter mit ihren drei halbwüchsigen Jungen ab. Ganz entspannt liegen die vier im Schatten eines Busches, lassen sich weder vom Jeep noch uns fotografierenden Besuchern stören.  Fotografiert haben wir auch den einzigen Leoparden, den Jeremy auf unserer letzten Pirsch in einer Baumkrone gesehen haben will. Wir haben Schwierigkeiten, die markant-gefleckte Großkatze zwischen den Ästen und im flirrenden Sonnenlicht auszumachen. So ist es denn ein Suchbild geworden …

So erschienen im „reisejournal der verlags-gruppe rhein-main (vrm)“

kenia-safari-2014